Das Zürcher Volk darf über das 1-Mrd.-Projekt
Oberlandautobahn nicht an der Urne entscheiden. Das haben Sie am
28. Oktober entschieden. Schade. Wir hätten den Souverän
und Steuerzahler gerne befragt, nach welchen Prioritäten Steuergelder
ausgegeben werden. Wir hätten uns gerne der Diskussion gestellt,
welche Kosten dem bescheidenen Nutzen gegenüber stehen, die
die neue Autobahn dem Zürcher Oberland bringt. Wir vermuten
nämlich, dass die Oberländer Bevölkerung sich von
der sogenannten Lückenschliessung viel mehr verspricht als
eine Entlastung von ein paar Hundert Einwohnern im Aathal und in
Unterwetzikon in einer sehr fernen Zukunft. Könnte diese Bevölkerung
schon heute Bilder des Oberlands in 30 Jahren gemäss offizieller
Planung sehen, sie würde Sturm laufen.
Wir hätten auch sehr gerne der Bevölkerung im Zentrum
des Kantons Zürich, längs den Autobahnen in der engeren
Agglomeration, die Folgen der neuen Strassenbaumanie aufgezeigt.
Wie etwa das weitere Vordringen des vierspurigen Autobahnnetzes
die Verstädterung der bisherigen ländlichen Räume
in der Ost- und Innerschweiz fördert, wie es neue Ströme
von Autoverkehr erzeugt. Wie der dortigen Bevölkerung neuer
Lärm zugemutet und wie die Erholungs- und Naturräume immer
weiter zerstückelt und verkleinert werden.
Die Entscheidung darüber hat die Mehrheit des Kantonsrates
im letzten Herbst also dem Zürcher Volk aus den Händen
genommen. Zu Projekten wie dem vorliegenden schreibt der Regierungsrat
in seinem Bericht:
„Negativ zu bewerten wäre sicherlich die Zerschneidungswirkung
für die durchquerte Landschaft und die vom neuen Trassee ausgehenden
Lärm- und Luftbelastungen. Beides zusammen führt zu einer
Entwertung bisher intakter Landschaftskammern, wichtiger Lebensräume
für Tiere und Pflanzen sowie benachbarter Siedlungsgebiete.“
Leider sind diese weitsichtigen Aussagen nur im Bericht zur neu
geforderten äusseren Nordumfahrung zu finden, sie gelten aber
100%ig auch bei der Oberlandautobahn und ihren Zubringern.
Letzten Herbst wollten Regierung und bürgerliche Mehrheit
damals das Projekt ohne Kreditvorlage subito beginnen. Die SP musste
bekanntlich mit dem Bundesgericht drohen, damit die heutige Vorlage
überhaupt den Weg in den Rat fand und via Referendum dem Volk
vorgelegt werden kann.
Und so müssen wir heute zusätzlich zu den eingangs gestellten
neue Fragen aufwerfen:
- Ist es Aufgabe des Kantons Zürich, eine zukünftige
Bundesstrasse zu planen ?
- Ist es sinnvoll, angesichts drastischer Sparprogramme 9 Mio. für
ein Papier auszugeben, das die nächsten 10-20 Jahre eine kantonale
Amtsschublade füllen wird ?
- Wäre es nicht gescheiter, machbare Alternativen auf kantonaler
Ebene zu erarbeiten als Millionen für ein Bundesprojekt und
die folgenden Prozesslawinen auszugeben ?
Die SP wird sich weiterhin für eine Strassenbaupolitik einsetzen,
die auf die Verbetonierung weiterer Landstriche zugunsten des Autoverkehrs
verzichtet. Stattdessen setzen wir auf den ÖV. Er muss weiter
gefördert werden, auf ihn muss unsere Siedlungsplanung ausgerichtet
werden. Ortsumfahrungen werden wir nur dann akzeptieren, wenn der
Bevölkerung die Strassen in den Dörfern dadurch als Lebensraum
zurückgegeben werden können. Und davon kann bei weiterhin
weit über 10'000 Durchfahrten in Wetzikon ja nicht im Ernst
die Rede sein.
Die SP-Fraktion wird das Referendum nicht ergreifen, auch die Umweltorganisationen
werden das voraussichtlich nicht. Die Zustimmung zu den 9 Mio.,
zumal wenn die Umweltverträglichkeit im Abstimmungstitel steht,
wäre leicht zu erschleichen. Das Ja zu den 9 Mio. würde
sicher sofort als Ja zum Milliardenkredit umgedeutet. Wir entziehen
uns diesem trickreichen Spiel mit den Volksrechten.
Heute aber lehnen wir mit Überzeugung den Kredit ab und danken
jenen, die es noch wagen, sich dem Strassenbauwahn entgegen zu stellen.
Ruedi Lais, KR, Wallisellen
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